Freitag, November 03, 2006

Die kleine Sauberkeitsbelehrung (oder alles kleine Wutze)

Mein Verhältnis zu Sauberkeit und Ordnung würde ich vielschichtig nennen. Das Verhältnis der Chinesen zu selbigen Themenkomplex ist einfach nicht vorhanden: Da werden Dosen, Flaschen, Umverpackungen während der Fahrt aus Autofenstern geworfen, Fingernägel in der Metro ‚geknipst’, Obstschalen oder Kerngehäuse auf den Plattformen einfach fallen gelassen. Es gibt je die Putzkolonnen, d.h. meist ist es nur eine einzelne Person, die das alles wieder weg macht. Als jemand mit mitteleuropäischer Sozialisation fragt man sich dann: ‚machen die das zuhause oder auf der Arbeit auch so?’. Zu meinem großen Leidwesen, konnte ich die Frage schneller beantworten, als es mir lieb war und ja, sie machen. In unserem Großraumbüro fühlte sich vor meiner Ankunft keiner für die Tische, Telefone (oh, wie sehne ich mich nach dem ‚Telephone Sanitizer’ aus dem ‚Hitch Hickers Guide’, die chinesischen hat man schon nach Gulga-Frinchham geschickt!??), Tasterturen und erst der Fußboden: Ein super schlecht verlegtes 3-Stab, Mahagoni-Imitat, bei dem jedes Laminat-Stück gleich auszusehen scheint. Mehr eine Übung in optischer Täuschung. Dieser Boden jedenfalls war grau und es störte keinen, meine Kollegen meinten, da sei nichts zu machen.
Ich habe zwar diesen 5-tägigen ‚Interkulturellen Spielzeugkurs’ über den Umgang mit außerirdischen Kulturen und im speziellen den Umgang mit fortpflanzungswilligen chinesischen, möchtegern Teenys vor meiner Abreise durch beharrliches Nicht-Anmelden auch nicht absolviert, sondern dachte mir einfach, meinen Platz mache ich sauber und mache das auch deutlich, dass ich den sauber gemacht habe: ‚MEIN PLATZ’. (Ansonsten vielen Dank Peter, die China-Knigge habe ich im Flugzeug überflogen, bessere Tipps stehen aber in dem GUIDE . Nein, ich bekomme keine Prozente).
Putzmittel: Easy, Carrefour ! Ich war erschlagen von einer Wand mit Putzmitteln, alle in ausländisch beschriftet, alle bis auf eine Packung ohne Bilder. Was wird wohl der Kloreiniger sagen, wenn er auf das Laminat trifft? Die ubiquitär vorhandenen Verkäuferinnen sahen mein erstaunen, eine mutige: „sdghaols kndlkanla?“ Achselzucken meinerseits und dann hatte ich auch schon die Sprüh-Flasche mit dem ‚Breff’ in der Hand. Nicht ganz das was ich suchte, aber man ist des lieben Friedens willens ja kompromissbereit. Die übergroßen Gummi-Handschuhe und einen weichen(!) Schwamm habe ich dann nach einem Pantomimenspiel auch noch erhalten. Wie ich leider erst später feststellte, gibt es ‚B&Q’ Baumarkt die richtigen Handschuhe: Rohrverstopfungen scheinen hier an der Tagesordnung zu sein und werden manuell, mechanisch behoben… In dem Laden gab es aber das perfekte Warnschild für meine Aktion: ein gelbes Faltschild, mit ‚Cleaning in Progess’ (und das Gleiche auch noch in Chinesisch) und Piktogramm drauf. So ein richtig offizielles, wie die Reinigungskomandos sie hier auch haben. Natürlich dachte jeder ich hätte das Schild irgendwo geklaut, dank des Preisschildes (EUR0,44, ja Öl kostet hier, ebenso wie Elektrizität einfach nichts) habe ich diese Verdächtigung immer sehr schnell ausräumen können (Guter Trick!!).
Was soll ich sagen, das Breff-Zeug ist der Hammer: Hätte ich nicht zügig gearbeitet und mit Wasser nachgespült, die Holz-Imitat-Oberflächen wären überall Titan-Dioxid-Weiß geworden! Aber auch die Trennwände sind jetzt nicht mehr grau/schwarz, sondern weiß/grau. Beim Fußboden habe ich das Zeug dann doch verdünnt angewendet; das Wasser war jedenfalls auch so tief-schwarz.
Die Studenten haben am gleichen Vormittag noch den gesamten Raum gereinigt, jetzt sind einige Tische fast weiß und einige haben wohl zum ersten Mal in Ihrem Leben Spül-Hände bekommen: Selbst schuld, die konnten ja wenigstens lesen, was auf der Breff-Flasche stand… Seit dem wurde der Fußboden schon zweimal unaufgefordert gefeudelt und einmal nach Aufforderung mittels des schönen gelben Warn-Schildes. Auch sind auf einmal überall Papierkörbe, die auch täglich geleert werden. Und das alles ohne Mecker, ohne Tränen (und ohne ‚Interkult…)!!!

3 Comments:

Blogger Michael said...

Oha, da hab eich letztes Jahr ja noch richtig Glück gehabt - das Gebäude war anscheinend gerade erst bezogen und hatte noch keine Gelegenheit, Sedimente irgendwelcher Art anzusetzen. Obwohl mich die Abwesenheit von Klopapier, Seife und anderen grundlegenden Hygieneartikeln schon damals verwundert hat.

Übrigens, dieser Kommentar entstand 11000 m über Grönland - Lufthansa hat neuerdings WLAN-Accesspoints an Bord. Zur Feier des Tages heute sogar kostenlos (und ich möchte lieber auch nicht wissen, was das normalerweise kostet...)

6:04 PM  
Blogger Unknown said...

Das mit der Seife habe ich auch gelöst: Als Jäger und Sammler habe ich neben den Gratis-Wasserflaschen auch die Seifenstücke jeden Morgen im Hotel eingesammelt und letztere in der Männertoilette deponiert. Das erste Stück hat keine 5min. ausgehalten, bevor es verschwand. Ich habe es dann einfach bei meinem nächsten Gang ersetzt. Zur endgültigen Lösung mußte ich mich dann aber nach dem 5ten Stück auch noch einmal beschweren und jetzt liegen die Stücke eine Woche!

@michael: Schön dass das geklappt hat mit dem Flug. Wer ist denn der Provider für den WLan Access im Flieger? Boing wollte doch sein Connexion-Netzwerk schon lange abeschaltet haben?

@silke: Es gibt halt auch einen 'Grime-Level' der mit (entschieden) zu hoch ist. Nur ist der für normale Europäer anscheinend schon nicht mehr zu ertragen!

2:23 AM  
Blogger Michael said...

Das mit dem Ende von Boeing Connexion (und das noch bevor es jemals richtig populär geworden ist) hatte ich auch so gelesen, aber genau die waren auf meinem Flug gestern der Provider für den Lufthansa-WLAN-Zugriff. Entweder haben sie es sich also anders überlegt mit dem Abschalten oder das waren die letzten Zuckungen...

8:17 PM  

Kommentar veröffentlichen

<< Home